Ijob 31

Erneute Unschuldsbeteuerung vor Gott: 31,1-34

1 Einen Bund schloss ich mit meinen Augen, /
 
nie eine Jungfrau lüstern anzusehen. 1

2 Was wäre sonst mein Teil von Gott dort oben, /
 
mein Erbe vom Allmächtigen in der Höhe?

3 Ist nicht Verderben dem Frevler bestimmt /
 
und Missgeschick den Übeltätern?

4 Sieht er denn meine Wege nicht, /
 
zählt er nicht alle meine Schritte? 2

5 Wenn ich in Falschheit einherging, /
 
wenn zum Betrug mein Fuß eilte,

6 dann wäge Gott mich auf gerechter Waage, /
 
so wird er meine Unschuld anerkennen.

7 Wenn mein Schritt vom Wege wich, /
 
mein Herz meinen Augen folgte, /
 
an meinen Händen Makel klebte,

8 dann esse ein anderer, was ich säe, /
 
entwurzelt werde, was mir sprosst.

9 Wenn sich mein Herz von einer Frau betören ließ /
 
und ich an der Tür meines Nachbarn lauerte, 3

10 dann mahle meine Frau einem andern /
 
und andere sollen sich beugen über sie.

11 Denn das wäre eine Schandtat /
 
und ein Verbrechen, von Richtern zu strafen. 4

12 Denn das wäre Feuer, das zum Abgrund frisst /
 
und meine ganze Habe entwurzelt.

13 Wenn ich das Recht meines Knechts missachtet /
 
und das meiner Magd im Streit mit mir, 5

14 was könnt ich tun, wenn Gott sich erhöbe, /
 
was ihm entgegnen, wenn er mich prüfte?

15 Hat nicht mein Schöpfer auch ihn im Mutterleib geschaffen, /
 
hat nicht der Eine uns im Mutterschoß gebildet? 6

16 Wenn ich der Armen Wunsch versagte, /
 
verschmachten ließ der Witwe Augen, 7

17 wenn ganz allein ich meinen Bissen aß, /
 
das Waisenkind aber nicht davon aß -

18 von Jugend an hat wie ein Vater er mich großgezogen, /
 
vom Mutterschoß an mich geleitet -,

19 wenn ich den Verlorenen sah ohne Kleid /
 
und ohne Decke den Verarmten,

20 wenn nicht seine Lenden mir dankten, /
 
er nicht von der Schur meiner Lämmer sich wärmte,

21 wenn meine Hand der Waise drohte, /
 
weil ich am Tor Helfer für mich sah,

22 dann falle die Schulter mir vom Nacken, /
 
breche der Arm mir aus dem Gelenk.

23 Ja, Schrecken träfe mich, Gottes Verderben, /
 
vor seiner Hoheit hielte ich nicht stand.

24 Wenn ich auf Gold meine Hoffnung setzte, /
 
zum Feingold sprach: Du meine Zuversicht!, 8

25 wenn ich mich freute, dass groß mein Vermögen, /
 
dass viel erreicht hat meine Hand,

26 wenn ich die leuchtende Sonne sah, wie sie strahlte, /
 
den Mond, wie er herrlich dahinzog, 9

27 wenn heimlich sich mein Herz betören ließ /
 
und meine Hand dem Mund zum Kuss sich bot,

28 auch das wäre ein Verbrechen, vom Richter zu strafen, /
 
denn Gott da droben hätte ich verleugnet.

29 Wenn ich am Unglück meines Feinds mich freute /
 
und triumphierte, dass Unheil ihn traf - 1011

30 habe ich doch meinem Mund zu sündigen verboten, /
 
sein Leben mit Fluch zu verwünschen.

31 Wenn meine Zeltgenossen nicht gestanden: /
 
Wer wurde von seinem Fleisch nicht gesättigt?

32 Kein Fremder musste draußen übernachten, /
 
dem Wanderer tat meine Tür ich auf. 12

33 Wenn ich nach Menschenart meine Frevel verhehlte, /
 
meine Schuld verbarg in meiner Brust, 13

34 weil ich die große Menge scheute /
 
und die Verachtung der Sippen mich schreckte, /
 
so schwiege ich still und ginge nicht zur Tür hinaus.

Ijobs Warten auf Gottes Antwort: 31,35-40

35 Gäbe es doch einen, der mich hört. /
 
Das ist mein Begehr, dass der Allmächtige mir Antwort gibt: /
 
Hier ist das Schriftstück, das mein Gegner geschrieben.

36 Auf meine Schulter wollte ich es heben, /
 
als Kranz es um den Kopf mir winden.

37 Ich täte die Zahl meiner Schritte ihm kund, /
 
ich nahte mich ihm wie ein Fürst.

38 Wenn über mich mein Acker schrie, /
 
seine Furchen miteinander weinten,

39 wenn seinen Ertrag ich verzehrte, ohne zu bezahlen, /
 
das Verlangen seines Herrn ich unerfüllt ließ,

40 sollen Dornen wachsen statt Weizen, /
 
statt Gerste stinkendes Kraut. Zu Ende sind die Worte Ijobs.

1 ℘ Sir 9,5; Mt 5,27-29; (1-34) Ps 26
2 ℘ Ps 139,2
3 ℘ Spr 7
4 ℘ Dtn 22,22-24; Spr 6,32-35
5 ℘ Ex 21,2f; Lev 25,39f; Jer 34,8f
6 ℘ Spr 17,5
7 ℘ 22,9; Tob 4,7-11; Jes 58,7; Mt 25,35f
8 ℘ Ps 49,7; 52,9; Spr 11,28; Sir 31,5-10
9 ℘ Dtn 4,19; Jer 8,2; Ez 8,16
10 ℘ Spr 24,17f; Mt 5,43-48
11 triumphierte: Text korr.
12 Wanderer: Text korr.; H hat eine andere Vokalisierung.
13 ℘ Ps 32,5